Erweiterter Parameterbereich und Funktionalität eröffnen neue Prüfmöglichkeiten
Messbereich Drehmoment: 25Nm
Messbereich Kraft (Optional): 10kN
Frequenzbereich: 0,001-120Hz
Auslenkung dynamisch: ±0,01 - ±360°
Auslenkung Rampe: bis 720°
Neue Funktionalität: LAOS mit FFT-Auswertung
Transiente Viskosität
Erweiterte Möglichkeit zur Charakterisierung von Polymeren und Polymermischungen mit FFT liefert hohe Selektivität
Polymer-Verzweigung hat einen großen Einfluss auf die Verarbeitung insbesondere im Spritzgießen, der Extrusion und Blasformen bzw. Folienblasen. Die Polymerverzweigung bewirkt eine Verlängerung der Relaxationszeit und hohe Dehnviskosität erkennbar auch an dem Phänomen der Dehnverfestigung. Quantitative Charakterisierung der Verzweigung, allerdings nur kurzkettiger Verzweigung, kann über chemische Verfahren in Verbindung mit FTIR und NMR erfolgen. Rheologische Methoden wie Amplitudensweeps bei kleinen Auslenkungen, Zeit-Temperatur-Diagramme und Dehnviskositätsmessung sind weithin verbreitet, liefern mitunter aber nicht die notwendige Differenzierung oder sind aufwendig durchzuführen.
Large Amplitude Oscillatory Shear (LAOS) ist eine weithin gebräuchliche einfach handhabbare Methode um zur Charakterisierung der nichtlinearen Materialantwort, die eine weitaus höhere Selektivität liefert. Bei dem LAOS-Test wird eine Probe mit einer einfachen sinusförmigen großen Auslenkung angeregt. Das Antwortsignal ist bei entsprechend großer Auslenkung kein einfaches sinusförmiges Signal. Über eine Fast Fourier Transformation (FFT) kann das Signal in Frequenzen ganzzahliger Vielfache der Anregungsfrequenz zerlegt werden. Hierbei geben die geraden Vielfachen die Reaktion des Prüfausbaus wieder und sollten idealerweise nicht vorhanden sein, während die ungeraden Vielfachen die Reaktion des Materials widerspiegeln. Jede diese höheren Harmonischen haben ihre eigene Phasenverschiebung und sind sensitiv für die molekulare Materialarchitektur. Das gesamte LAOS-Antwortsignal kann auch als Lissajous Figur Spannung über Schergeschwindigkeit aufgetragen werden.
Das folgende Diagramm zeigt eine typische Lissajous Figur eines linearen Polymers für ein EPDM-Kautschuk ermittelt am oben beschriebenen RPA.
Üblicherweise wird eine rheologische Analyse über dynamische Frequenzsweeps im linear-elastischen Bereich der Dehnung durchgeführt. Hier ergibt sich häufig bei kleinen Kreisfrequenzen eine Materialunterscheidung. Das folgende Beispiel zeigt zwei Chargen eines EPDM-Rohkautschuks, bei dem die Unterscheidung über die Methode nicht möglich ist.
Eine erweiterte Prüfmethode bietet der Amplitudensweep bis in den nichtlinear viskoelastischen Deformationsbereich. Hier bietet das neue RPA eine Erweiterung der Oszillationsamplitude um den Faktor 4 auf ±360°. Abbildung 4 zeigt einen Vergleich der Moduli G´und G´´ der beiden Chargen im Bereich von 1-3000%. Bei G´erkennt man oberhalb von 1000%, im erweiterten Parameterbereich des neuen RPA, eine geringfügige Unterscheidung, die aber nur einen kleinen einstelligen Prozentbereich <5% ausmacht.
Die Signale der Auslenkung und das Antwortsignal wurden mit der Fast Fourier Transformation (FFT) analysiert.
Links in Abbildung 5 dargestellt ist das Signal der Auslenkung. Hier ist nur die Grundfrequenz von 0,5 Hz im Signal sichtbar. Die hohe Qualität des Antriebs erlaubt nun eine sehr gute Auswertung des Antwortsignals. Das Antwortsignal des Materials dargestellt über dem Drehmoment zeigt nun die Grundfrequenz und alle Harmonischen als ungerade vielfache der Grundfrequenz (3. 5. 7. 9. Ordnung. Auch die 9. Ordnung ist hier noch sehr gut sichtbar. Das Antwortsignal höherer Ordnung wird im Wesentlichen von der Struktur der Materialverzweigung bestimmt.
Um nun die Auswertung hinsichtlich der Verzweigung bei einem Vergleich verschiedener Materialien zu vereinfachen, wurde der im Folgenden dargestellte empirische LCB-Wert entwickelt /Burhin e.a./.
Hierin ist G´das jeweilige Speichermodul der 1., 3. und 5. Ordnung. Der LCB-Wert wird üblicherweise bei 1000 % Dehnung bestimmt.
Für die beiden EPDM-Chargen zeigt Abbildung 6 das Antwortsignal im Vergleich.
Hier unterscheiden sich die beiden Antwortsignale (Drehmoment) der Proben deutlich ab der 3. Ordnung der Grundfrequenz. Aus diesen Daten kann das jeweilige Modul (1.3.5. Ordnung) und über die obige Gleichung der LCB-Wert für die jeweilige Probe berechnet werden. Der LCB-Wert liegt zwischen -3 und 1 wobei -3 eine lineare Struktur der Probe darstellt. Mit zunehmendem Wert steigt der Grad der Verzweigung.
LCB-Wert | |
Charge 1 | -2,10203 |
Charge 2 | -2,49571 |
Der LCB-Wert der Probe 2 liegt ca.16% tiefer als der von Probe 1, also die Probe hat weniger Verzweigungen. Somit ist über die FFT-Auswertung im Vergleich zu den klassischen Methoden der dynamischen Prüfung der rheologischen Eigenschaften über Frequenz und Amplitudensweep (hier < 5%) ohne FFT eine deutlich höhere Selektivität möglich.
Bestimmung der transienten Viskosität
Neben der dynamischen Prüfung der rheologischen Eigenschaften erfolgt die Prüfung in Rotationsrheometern auch bei konstanter Winkelgeschwindigkeit, um die stationäre Viskosität zu erfassen. Die stationäre Viskosität liefert Messdaten, die der späteren Verarbeitung ähnlicher sind als dynamische Daten. Die Messung erfolgt hier über eine sprunghafte Änderung der Winkelgeschwindigkeit bzw. der Schergeschwindigkeit und wird auch als Spannversuch bezeichnet. Als Antwort aus der Vorgabe der Schergeschwindigkeit erhält man als Antwort das Drehmoment und damit die Schubspannung über der Zeit. Hieraus können dann die Viskositäten (γ, t) die Moduli und die Relaxationszeiten berechnet werden. Die Viskositäten erreichen ein Gleichgewicht nach genügend langer Zeit. Dieser Wert wird auch als transiente Viskosität bezeichnet.
Durch die Erweiterung der Oszillationsamplitude auf ±360° kann nun der Spannversuch in einem viel weiteren Bereich durchgeführt werden als mit der bisherigen Oszillationsamplitude von ±90° und somit eine komplette Fließkurve erfasst werden.
Abbildung 7 zeigt die Rohdaten von 7 Spannversuchen mit einer SBR-Mischung.
Links dargestellt ist der Verlauf der Auslenkung der Probe für 7 verschiedene Auslenkungsgeschwindigkeiten. Aufgrund der hohen Genauigkeit und Durchzugskraft erreicht der Antrieb nahezu augenblicklich die gewünschte Auslenkungsgeschwindigkeit, die letztlich die gewünschte Schergeschwindigkeit darstellt.
Rechts dargestellt ist das Reaktionsmoment, das sich nach einer kurzen Zeit auf das quasistationäre Niveau einpendelt. Aus diesem Niveau ergibt sich die Schubspannung für die stationäre Scherung (konstante Schergeschwindigkeit).
Aus den oben dargestellten Versuchen kann nun eine Fließkurve erstellt werden. Die so gewonnene Fließkurve der transienten (stationären) Viskosität kann nun mit der Fließkurve aus dem dynamischen Versuch der komplexen Viskosität verglichen werden. Aus diesem Versuch kann überprüft werden, inwieweit die Cox-Merz Regel gilt.
Abbildung 8 zeigt ein solchen Vergleich für die SBR-Mischung.
Anhand der Daten zeigt sich ein anderes Niveau und eine leicht andere Steigung der Kurven. Es zeigt sich, dass die Cox-Merz Regel für diesen Fall nicht gilt und man die Viskositätsdaten der dynamischen Messung bei diesem Material nicht zur Simulation von stationären Strömungen verwendet werden kann. In Folge der profilierten Prüfkammer des RPA kann man davon ausgehen, dass die Daten der transienten Viskosität frei von Wandgleitphänomenen sind. Somit kann die transiente Viskosität beim Kapillarrheometerversuch dazu beitragen, Haft- und Gleitanteil in der Kapillarströmung besser zu trennen.
Zusammenfassung
Das neue RPA ist um die Funktionalität mit der FFT Auswertung des Versuchs bei Dehnung im nicht-linear-viskoelastischen Bereich LargeOscillatoryScanning(LAOS) und die Vergrößerung des Oszillatrionswinkels auf ±360° erweitert worden. Anhand des Beispiels eines Rohkautschuks wird gezeigt, dass die FFT-Auswertung des LAOS-Test und die Erweiterung des Oszillationswinkels eine deutlich höhere Selektivität in der Materialunterscheidung liefert. Der Oszillationswinkel von ±360° eröffnet weiterhin die Möglichkeit die transiente (stationäre) Viskosität zu bestimmen. Die stationäre Viskosität dient insbesondere zur Überprüfung der Cox-Merz-Beziehung und eröffnet die Möglichkeit, Gleit- und Haftanteil im Kapillarrheometerversuch besser zu trennen, um bessere Daten zur Maschinenauslegung zu generieren.